Wandelbares Andalusien – Ein Reisebericht / Tag 3

TAG 3 / SEVILLA
Dienstag, 28.05. 

Heute ist nun aber wirklich die Kathedrale dran. Gleich nach dem Frühstück fährt uns die U-Bahn wieder gen Innenstadt, damit wir noch vor der Öffnung am Start sind. Passt zeitlich auch, aber just als wir vor dem gotischen Riesenbau ankommen, erwartet uns schon eine Mega-Schlange vor dem Eingang. Nun ja, der letzte Kaffee ist ja auch scho ne ein Weile her … Also einen Kaffee-zum-gehen besorgt und auf Stufen gegenüber der Schlange gesetzt. Hier wartet es sich viel schöner, irgendwann muss es ja weniger werden. Ein paar Sinti und Roma-Damen bieten hierzu das perfekte Entertainment-Programm. Masche: Myrthenzweige verkaufen. Hierzu werden Passanten (natürlich nur die, die wie Touristen aussehen) im Vorbeigehen Zweige hingehalten. Wer das für eine nette Geste hält und zugreift, hat schon verloren. Die Damen fassen einen bei der Hand oder am Handgelenk und fangen ein Gespräch an, deuten die Handlinien oder so etwas. Für diese Dienstleistung wollen Sie natürlich ein paar Münzen, und wer die nicht gibt, wird angepöbelt. Bei dem allzu engen Körperkontakt (manche grapschen geradezu) wechselt sicherlich auch noch das ein oder andere Portemonaie oder Handy den Besitzer.

Sevillas Kathedrale

Ich habe inzwischen ein sicheres Rezept gegen solche Maschen: Knurren. Wird mir ein Zweig oder ähnliches angeboten, knurre (und manchmal auch belle) ich wie ein Hund. Mag albern aussehen, macht aber Spaß und wirkt. In jedem Fall ist es interessant, den Damen bei der Arbeit zuzusehen. Ab und zu kommt Big Daddy, wie wir ihn getauft haben, vorbei. Offenbar der Familienboss. Er trägt von Kopf bis Fuß babyblaue Adidas-Klamotten und schiebt einen Kinderwagen mit Zwillingen vor sich her. Er bleibt immer in der Nähe und kommt ab und an nachschauen, ob alles läuft bzw. lässt sich irgendetwas geben. Je länger wir da so sitzen und das alles genau beobachten, umso nervöser werden die Damen und trollen sich denn auch alsbald.

Irgendwann ist die Schlange stark geschrumpft und wir stellen uns an. Die Wartezeit wird uns von einigen Schülerinnen verkürzt, die für ein Unterrichtsprojekt Besucher der Stadt interviewen. Die Kathedrale selbst ist einfach nur pompös. Wieder einmal vermissen wir schmerzlich einen persönlichen Reiseführer, der uns all die vielen Seitenschiffe, Kunstwerke und alles sonstige Sehenswerte erklärt. Nachdem wir bereits vor drei Jahren zwei von Christoph Kolumbus‘ angeblichen Geburtsstätten sehen durften, können wir hier nun seine sehr mondäne Grabstätte bewundern. Der Turm, der früher ein Minarett war, ist ebenfalls erklimmbar. Kurios: Treppen gibt es nicht. Er wurde damals so angelegt, dass man mit Pferden hinauf reiten konnte. Die armen Klepper! Die Aussicht von dort oben lohnt den Aufstieg aber in jedem Fall.

Plaza de Espana: Mehr Pomp geht fast nicht

Uns ist nach mehr Superlativen! Und ab geht es zum Plaza de Espana. Einem unglaublichen Bauwerk, dass für die iboamerikanische Ausstellung 1929 erbaut wurde. Barock, Gothik, purer Kitsch und unglaublicher Pomp bestimmen den halbrunden Platz (50.000 Quadratmeter groß!) und sein begrenzendes und ebenso halbrundes Prachtbauwerk. Kein Wunder, dass der Plaza schon als Kulisse für Star Wars und diverse andere Filme herhalten durfte. Der Kanal, der einmal im Halbkreis drum herum führt, sieht aus, als wäre man in Venedig. Um ihn herum fallen uns viele Brautpaare ins Auge, die diese Kulisse für ihre Hochzeitsfotos nutzen. Lustig: Die meisten sind asiatisch.

Jeder der 48 spanischen Provinzen ist eine eigene Nische zu Füßen des Gebäudes gewidmet, stilecht mit den Azulejos genannten Kachelornamenten verziert. Das ist fast mehr, als das Auge vertragen kann und muss sich erst mal setzen. Das machen wir dann auch, vielmehr legen wir uns in eine der Kachelnischen. Dabei muss ich wohl kurz eingenickt sein, denn die Reisegruppe, die von ihrem Reiseführer „unsere“ Nische erklärt bekam, hab ich gar nicht richtig bemerkt. ‚Tschuldigung an dieser Stelle, dass die Azulejos teilweise durch diesen schnarchenden und sabbernden Touristen verdeckt waren.

Jetzt aber weiter. Hinter dem Plaza liegt noch der Parque de Maria Luisa. Kann man ja mal mitnehmen, wenn man schon mal hier ist. Und wie froh wir waren, dass getan zu haben! Hier ist es fast schöner, als in den Gärten der Alhambra. Immer wieder herrliche Brunnen, ein großer, künstlicher Wasserfall, Palmen, Palmen, Palmen, ein Rosengarten, ein Taubenfeld nur für weiße Tauben, die extra hier angesiedelt wurden, ab und zu kommt eine Kutsche vorbeigetrappelt … und diese lila blühenden Judasbäume überall! Nee, wirklich – toller Park!

Wir sind völlig begeistert und lustwandeln über zwei Stunden durchs bunte Grün. Anschließend traben wir am Guadalquivir entlang nach Triana, dem alten Töpferviertel. Hier essen wir etwas in der Nähe der „Bar T“ (wie Triana eben) vom ersten Abend, um anschließend im „T“ noch ein Getränk zu nehmen. Dort startet heute ein Flamenco-Abend, den nehmen wir natürlich mit. Erstaunlich viele Spanier sind da, nur wenige Touristen. Einer der deutschen Servicekräfte erkennt uns wieder und gibt uns ein paar Erklärungen zur Show. Unsere Mojitos erhalten wie vorgestern einen Extra-Schuss Rum und die Flamenco-Darbietung ist, nun ja, interessant. Been there, done that. Etwas angebrütet schlendern wir ins Hotel zurück.

 

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