Reisebericht USA Ostküste/Eastcoast / Tag 8

TAG 8 / NEW YORK CITY
Samstag, 28.04.2012

Unser letzter Tag im großen Apfel bringt wieder Sonne, und bei 15°C sogar richtig brauchbare Frühlingstemperaturen. Das ham‘ wir uns auch einfach verdient! Heute heißt das Motto: Schlendern. Kein Kamikaze-Sightseeing wie teilweise in den letzten Tagen. Einfach nur treiben lassen. Wir beschließen spontan, zuerst noch mal zum Washington Square Parkzu fahren. Einfach nur, weil es uns da gestern so gut gefallen hat. Außerdem hat man von dort einen guten Ausgangspunkt, um SoHo kennenzulernen. Am heutigen Samstag sind natürlich viel mehr Menschen im Park unterwegs. Zur Musik eines Klavierspielers, der einen kompletten Flügel auf Rollen dabei hat, findet einige Meter weiter ein großes Treffen von Dackel-Liebhabern statt. Man glaubt gar nicht, in welche komischen Verkleidungen man diese kleinen Hundwürste so stecken kann. Hier herrscht einfach eine nette Atmosphäre und wir genießen sie noch einige Zeit, bevor wir uns gen SoHo aufmachen.

Die typischen gusseisernen Häuserfassaden in SoHo (was nix anderes als „South of Houston Street“ bedeutet) sind nett anzuschauen, aber das gesamte Viertel macht wohl gerade die Transformation vom „Geheimtipp“ zum „hippen Szeneviertel“ durch. Das ist in jeder großen Stadt auf der Welt das gleiche Prozedere – Das Viertel gilt als „hip“ (gerne werden auch Begriffe wie „Künstlerviertel“ oder „Szeneviertel“ verwendet), infolge dessen wollen immer mehr dort wohnen, die Mieten steigen und die dicken Namen kommen hinterher, um bei den neuen betuchteren Bewohnern Kasse zu machen. So laufen wir vorbei an Dolce & Gabbana und Konsorten, einem Apple-Store, etlichen Bio- und Naturkost-Delis sowie zahlreichen Eso-Hulli-Bulli-Läden („Finde Deine innere Mitte“) – der übliche Quatsch eben. Gefällt mir daher nicht so toll wie Greenwich Village, das irgendwie natürlicher und bodenständiger wirkt.

Eine alte Hochbahn-Strecke wird zum Park

Wir genehmigen uns dann noch einen Kaffee in einem italienischen Straßencafé. So wirklich richtig draußen sitzend! Heute ist tatsächlich der wärmste Tag des ganzen Urlaubs (und wird es auch bleiben, soviel sei vorweg genommen). Auf dem Weg zur Toilette blicke ich wieder auf zahllose Bilder, die den Chef des Hauses vor oder im Café zeigen, immer mit einer prominenten Nase im Arm. Scheint hier in New York so üblich zu sein, wie schon in Little Italy gesehen. Beeindruckt von dieser geballten Promidichte erleichtere ich mich anschließend in das gleiche Pissoir wie Adam Sandler, Jack Nicholson, Woody Harrelson und viele andere, deren Namen ich vergessen habe. Denn hier hat es nur ein einziges Pissoir für Männer, und einer der Herren wird wohl auch irgendwann mal „gemusst“ haben. Übrigens, wo wir gerade beim Thema sind: Warum gibt es hier in den USA eigentlich immer nur für jedes Geschlecht ein abschließbares Solo-Klo, egal wie groß der Gastraum ist?

Vom SoHo spazieren wir zurück zur Bahn, um nach Westen in Hudson-Nähe zu kommen und dort im Meatpacking District einen neuen Park zu besichtigen. Der High Line Park wurde erst 2009 eröffnet, wird noch erweitert und war einmal die Trasse einer Hochbahn. Anstatt die nicht mehr benötigte Strecke abzureißen, hat man um die Gleise herum Wege, Beete und Ruhezonen angelegt. Heute bei dem sonnigen Wetter ist es hier recht überlaufen und es wirkt nicht unbedingt wie ein Park, weil die Fläche naturgemäß nicht so breit ist. Aber es ist eine tolle Idee, eine solche Anlage so hoch über den Straßen bietet nette Ausblicke und wieder eine kleine Oase mehr im Großstadtdschungel. Am Ende angelangt laufen wir bis zum Madison Square Garden.

Dort hüpfen wir fix in einen McDonald’s, um einen schnellen Cheesburger als Zwischensnack zu kaufen und auf Toilette zu gehen. Dabei habe ich wahrscheinlich ziemliches Schwein gehabt. Folgendes ist passiert: Ich laufe so zu den Toiletten (in die wieder mal nur einer alleine Zutritt hat, s.o.), und registriere beiläufig einen kleinen dicken Security-Kerl, der in der Nähe der Tür steht. Er nuschelt irgendetwas vor sich hin das ich nicht verstehe, als ich an ihm vorbeigehe und die Toilette genau in dem Moment vom Vorgänger geöffnet wird. Ich also rein, schließe ab und will gerade loslegen, als es an der Tür klopft. Als ich öffne, steht da dieser Wachmann und ranzt mich an, was das denn bitte solle. Er hätte mir doch gesagt, dass ich mich gefälligst hinten anzustellen habe und er vor mir dran sei. Das ganze aber in einem Ton, als hätte ich gerade seine Mutter vor seinen Augen unsittlich berührt. Genauso aggressiv blaffe ich zurück, dass ich ihn nicht verstanden hätte, er doch beim nächsten Mal lauter reden solle und er mich nicht anmachen soll (Ich glaube, ich sagte so was wie „Don’t bother me, man“!). Aber natürlich lasse ich ihm den Vortritt, man will ja keinen Streit. Als er raus kommt, wirft er mir noch ein „NOW you can go!“ entgegen und erst in dem Moment registriere ich an der Uniform, die ich zum ersten Mal richtig beachte, dass es sich um einen Cop vom NYPD handelt! Nix McDonald`s Wachmann … Gulp! Ich glaube, das hätte mit ein wenig mehr Pech auch anders ausgehen können.

Nach dem Zwischensnack nehmen wir die Bahn bis zur südwestlichen Ecke des Central Parks. Hier haben wir unseren gestrigen Park-Besuch abgebrochen, weil die Schifffahrt anstand. Aber heute ist ja Schlender-Tag, also schlendern wir bis zur „Mall“, der Hauptachse des Parks und lassen uns da auf den Bänken nieder. Wir beobachten Inliner beim Hindernis-Parcour fahren (u.a. einen locker 70jährigen), verrückte Radfahrer, Hochzeitspaare beim Foto-Shooting, Seifenblasenmenschen und andere Straßenkünstler. Das Highlight ist aber ein DJ, der mal eben ein dickes (und lautes!) Soundsystem aufgebaut hat und einen ganzen Teil des Parks unterhält. Zu seiner Mucke tanzen viele Inliner- und Rollschuhfahrer, aber auch alle möglichen anderen Leute oder Touris. Viele bleiben einfach am Rand stehen und gucken zu, wie wir. Und das lohnt sich.

Der Rock-Opa und seine beiden Adjutanten

Meine Lieblings-Protagonisten sind zwei ältere Männer. Zum einen ein mindestens 65jähriger, der sich zur Musik bewegt, als würde er Elektroschocks im Slip verabreicht bekommen und sich dreht wie ein Derwisch. Und zum anderen der von mir so getaufte „Rock-Opa“. Der Mann ist vom Alter her schwer zu schätzen, vielleicht um die 60, eher älter. Er hat eine Glatze, trägt aber Clown-Perücken, einen weißen Rauschebart, dazu Make-Up und den wildesten Schmuck und hat einen kleinen Wagen dabei, auf dem seine Kostüme lagern. In dem Wagen sitzt ein kleiner weißer Pudel, dessen Ohren mit bunten Sprenkeln gefärbt sind, außerdem trägt er einen (echten!) Papagei auf seinen Schultern. Zu fast jedem neuen Song zieht er sich um, meistens die Kleider einfach übereinander. Da ist dann alles dabei bis hin zum Hochzeitskleid. Natürlich tanzt er in seinen Turnschläppchen auch wie ein Besessener zur Musik. Aber das Schärfste: Er hat zwei „Adjutanten“ dabei, Mann und Frau, beide Afroamerikaner, die ihm beim An- und Auskleiden behilflich sind. Das sieht alles so was von scharf und skurril aus, als hätte der Bürgermeister den Kerl zum Vorzeige-Bekloppten der Stadt ernannt um den Touristen zu zeigen, wie verrückt diese New Yorker doch sind. In Wahrheit laufen hier übrigens sehr viele normale Leute rum. Wir sind uns einig, dass die Dichte an „Typen“ in der Berliner Straßenbahn höher ist als in der New Yorker Metro.

Als die Sonne sich verzieht und es wieder frisch wird, machen wir uns zu Fuß auf den Weg zum Rockefeller Center. Unsere Karten für die Aussichtsplattform „Top of the Rocks“, die wir gestern besorgt haben, gelten für 19.10 Uhr. Oben bleiben darf man dann so lange, wie man möchte. Wir sind pünktlich vor Ort und kommen zügig nach oben auf die gar nicht überlaufene Plattform durch, jeder hat genug Platz zum gucken. Was uns auffällt: Das gesamte Personal ist superfreundlich, sogar die Securitys. Hier wird man nicht in schnarrendem Ton weiter gescheucht, sondern jeder hat einen netten Spruch drauf, fragt, woher man kommt oder macht ein Witzchen. Scheint die Hauspolitik des Rockefeller zu sein, sehr angenehm. Die Aussichtsplattform ist gi-gan-tisch. Mir hat es besser gefallen als auf dem Empire State. Die oberste der beiden hat sogar weder Glaswände noch sonstige Absperrungen, so dass man einen wirklich freien Blick auf den Großstadtdschungel hat. Da wir genau zum Sonnenuntergang oben sind, können wir Schritt für Schritt beobachten, wie sich die Stadt in ein glitzerndes Lichtermeer verwandelt. Auch die Sicht auf den Central Park ist von hier aus um einiges besser als vom Empire. Und überhaupt: Man kann das Empire von hier sehen, weil man ja nicht drauf steht. Mein Tipp (auch wenn den wahrscheinlich schon Hunderte abgegeben haben): Tagsüber auf das Empire State und abends zum Sonnenuntergang auf das Rockefeller. Etwa 400 Fotos und ein Video-Zeitraffer später fahren wir um 21 Uhr komplett durchgefroren wieder runter. Was für ein perfekter letzter Programmpunkt am letzten Abend in New York City! Wobei, einer fehlt noch. Huuunger!

Aussicht vom Rockefeller

Also ab zur Bahn und zum Times Square, um uns auch dort noch stilvoll zu verabschieden. Ich kaufe noch zwei Bier in der Pharmacy und werde das erste mal an der Kasse um meinen Ausweis gebeten. Den habe ich aber nicht griffbereit, sprich gar nicht dabei. Ich schaue den Kassierer treudoof an und versichere ihm, das ich 37 Jahre alt sei, mich aber sehr für das Kompliment bedanke. Dabei lüfte ich mein Basecap, um einen Blick auf mein leider sehr schütteres Haupthaar preiszugeben. Der Kassierer verzieht keine Mine und meint nur „OK“, während der orthodoxe Jude neben mir an der Kasse ob dieser Szene in lautes Gelächter ausbricht. So durch mich selbst gedemütigt aber um zwei Flaschen leckeres „Sam Adams“ reicher, machen wir uns auf die Suche nach einem Abendessen. Nach einer halben Stunde des Laufens entscheiden wir uns doch wieder für das „Tik Tok“-Diner von gestern, weil es uns da so super gefallen hat. Also auf in die Bahn, die aber leider ab 22 Uhr in einem undurchdringlichen System umgeleitet wird oder ganz ausfällt. Es sind wohl irgendwelche Streckenarbeiten zu Gange. Es ist jetzt 22.05 Uhr, klar. Die Nachfrage beim Metro-Infopersonal, wie wir denn jetzt am besten zur Penn Station kommen, wird mit einem knappen „You better take a Cab“ beantwortet. Machen wir dann auch. Und die sechs Dollar für’s Taxi haben sich auch absolut gelohnt, denn das New York-Abschlußessen im „Tik Tok“ war großartig. Durch das Bahnchaos erreichen wir erst nach Mitternacht das Hotel und kippen nach einem Gute-Nacht-Bier glücklich in die Federn.
Danke, Stadt die niemals schläft, es war toll!

HOTEL-CHECK
Wir wohnten in Queens, im Holiday Inn Long Island City – Manhattan View. Es war das günstigste Mittelklassehotel, dass ich vor der Reise in ganz New York finden konnte. Und es war eine gute Wahl! Der „Manhattan View“ war uns leider nicht beschert, da unser Zimmer im dritten Stock lag. Dafür war es groß, sauber, das Bad schon fast gigantisch, die Betten toll, das in (unserem) Angebot enthaltene Frühstück wie schon öfters erwähnt exorbitant. Flatscreen auf dem Zimmer mit Cable-TV (der Fernseher war immer aus, aber er war da), freies WiFi im Zimmer, auch das Personal ist nett und die Lage ist fantastisch. Man braucht keine fünf Minuten zu Fuß zur Bahn (Station 39 Av) und ist von dort aus in zwei Stationen in Manhattan bzw. in etwa 15 Minuten am Times Square. Zudem ist es Nachts schön ruhig. Ein Manko: Sehr wenig Parkplätze am Hotel, die auch noch 20$ pro Nacht kosten. Aber gleich neben dem Hotel befindet sich ein bewachter privater Parkplatz, der nur 12$ pro Nacht nimmt!

 

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