Rote Steine & Casinos: Reisebericht USA (Südwest) 2015 / Tag 4

TAG 4 / L.A. (CA)
Montag, 27.04.2015 / Sonnig, 30°C

Wie schon gewohnt geht’s um sieben Uhr raus aus den Federn. Draußen funkelt die Sonne von einem klaren, blauen Himmel, was für LA wohl gar nicht so typisch ist, wie ich öfters las. Sofort geht es nach dem frisch machen zu unserem SÜVchen und ab Richtung Santa Monica Beach. denn heute steht die „Du hast nur einen Tag in der Stadt willst aber vieles sehen“-Tour an. Unser Anbieter der Wahl ist „A Day in L.A.“, oder auch „Rastabus“ genannt. Deren kleine Busse (max. 20 Personen) sind in Jamaica-Farben lackiert, daher der Name. Ansonsten hatte es wenig mit Reggae zu tun, weder läuft solche Mucke, noch gibt es kostenloses Gras auf der Fahrt. Die Tour wurde schon von zu Hause aus gebucht, war der absolute Sieger in der Kategorie Stadtrundfahrten bei Tripadvisor. Na, wir sind gespannt.

Wir brauchen eine gute Stunde für die 25 Kilometer, wobei wir an einem Montagmorgen selbstverständlich die Autobahnen vermeiden. Für eine Stadt, in der quasi Dauerstau herrscht, sind wir mit der Fahrzeit zufrieden. Das vorab vom Rastabus empfohlene Parkhaus finden wir schnell, die dort aufgerufenen 14 Dollar Gebühr pro Tag finden wir auch OK.

Graffitti mal anders in Venice

Um die Ecke vom Parkhaus ist ein Beans&Leafes, in dem wir erst einmal Frühstück einwerfen, denn wir haben noch eine knappe Stunde Zeit bis zur Abfahrt der Tour. Neben uns sitzt ein älteres Pärchen, dass nicht nur abwechselnd das einzig verfügbare Klo des Ladens je zehn Minuten blockiert, sondern irgendwie auch nervig glotzt. Egal, wir schaffen es doch noch auf die Toilette und stehen – einmal um die Ecke – schon an der Promenade, die oberhalb vom Strand verläuft, vom Meer nur durch einen Highway getrennt. Am Treffpunkt wartet schon ein Rastabus-Mitarbeiter mit Obst und Saft auf die Fahrgäste. Wir werden auf Bus Nummer 4 gesetzt, der in zehn Minuten abfahren soll. Nach uns meldet sich ein älteres Pärchen für Bus Nummer vier an – genau, es in die zwei aus de Café. Sie kommen aus Ohio und sitzen zwar auch im Bus neben uns, sollten uns den Tag über aber nur noch bedingt durch affektiertes Lachen nerven, soviel sei verraten.

Wir sind die einzigen Deutschen auf dieser Tour, neben Australieren, Kanadiern und ansonsten Amerikanern. Unser Fahrer nennt sich BJ, und ist – natürlich – eigentlich ein Comedian, der gerade an seiner Karriere feilt, aber ja auch von irgendetwas die Miete zahlen muss. Ein echt netter Kerl, so Mitte 30, gut gelaunt. Er redet sehr viel und schnell, ist aber trotzdem sehr gut zu verstehen.

Die ganze Tour zusammenzufassen ist schlicht unmöglich. Von 10 bis 17 Uhr sind wir quer durch Hollywood, Beverly Hills, Santa Monica und Downtown gefahren worden. Dabei gab es immer wieder Stopps von 20 bis 45 Minuten, in denen man auf eigene Faust, natürlich mit ordentlich Tipps versorgt, die Gegend auf eigene Faust erkunden konnte. Somit läuft man doch noch ganz schön viel. Während der Fahrt sieht man auch viel und bekommt vor allem extrem viel erzählt. Nur um einen kleienn Eindruck zu bekommen: Wir sahen Venice Beach mit dem Muscle-Beach und der Skateboard-Bahn, den Rodeo Drive mit den unverschämt teuren Läden, Beverly Hills, den Farmer’s Market mit The Grove, Hollywood Hills den Walk of Fame (von BJ liebevoll „größte Touristenfalle der USA“ betitelt und das Griffith Observatory. Die Aussicht von dort oben ist absoluter Wahnsinn, auch bei Tag. Sogar Montags Mittags war es wieder sehr voll da. Dafür zogen ein paar Polizeihelikopter ganz nah ihre Runden, was die Aussicht noch spektakulärer machte.

Am Besten fand ich aber die unzähligen Anekdoten und Fakten, die BJ alle paar Minuten während der Fahrt raus gehauen hat. Es war zeitweise so viel Input, dass einem ein bisschen der Kopf schwirrte. Welcher Promi wo gewohnt hat oder wohnt, das unter dieser Shoppingmall dort tatsächlich Öl gefördert wird, wie viel Eintritt manche Celebrities in den Läden am Rodeo Drive zahlen, um überhaupt einkaufen zu dürfen, etc. pp. Wie gesagt, unmöglich, dass alles wiederzugeben. Aber es war nicht nur Gossip. Wenn man zum Beispiel neben dem Diner steht, in dem die Anfangsszene aus „Pulp Fiction“ gedreht wurde, erfährt man nicht nur eben das, sondern auch, dass es sich hier um ein Fake-Diner handelt, das seit vielen Jahren nur noch für Filmdrehs gemietet wird und in welchen Streifen es noch eine Rolle spielte. Oder die mächtige Tür vom Observatorium, kommt sie einem nicht bekannt vor? Das ist die Tür des Hauptquartiers der „Men in Black!“ Oder das Haus auf dem Hügel hinter dem Sunset Strip? Dahinten! Na? Kennt das jemand? Es ist die Vorlage der „Iron Man“ Villa, wurde für den Film digital an die Küste verlegt. Oder: „Wenn ihr gleich den Rodeo Drive runtergeht und ganz unten einen Blick ins Beverly Wilshire Hotel werft – übrigens das „Pretty Woman“ Hotel – geht durch die tolle Lobby direkt durch zu den Gästetoiletten. Keine Angst, das ist OK, das darf man. So mondän habt ihr noch nie euer Geschäft erledigt!“ Solche Sachen en masse. Dazu noch viel wirklich interessantes über die Stadt und ihre Bewohner, gewürzt mit ein paar Gags. Unter anderem erfahre ich von BJ, warum die Stadt so unendlich in die Breite gewachsen ist, aber kaum in die Höhe. Die Antwort hätte ich mir denken können, kam aber selber nicht drauf: die ständige Erdbebengefahr …

Um 17 Uhr spuckt der Bus uns am Startpunkt wieder aus. Wir gehen erst einmal zum Strand runter, hocken uns nahe die Pazifik-Brandung in den Sand und reden erst mal nicht viel. Zuviel Input. Die Wellen rauschen, es ist warm, herrlich. Irgendwann machen wir uns auf und trotten die fünf Minuten rüber zum Santa Monica Pier, was wir neben über dem Meer startenden Flugzeugen schon die ganze Zeit beobachtet haben.
Hier endet die legendäre Route 66, das obligatorische Foto des Schildes muss natürlich sein. Wir schauen uns ein wenig in der Jahrmarkt-Atmosphäre um, meiden auf BJs vorherigem Rat jegliche der teuren Fahrgeschäfte und essen schließlich im etwas abgeranzten aber sehr leckeren und vor allem günstigen „Pier Burger“ auf dem Pier einen .. nun … Burger zum Abendessen. Neben uns sitzt eine sehr (!) schwergewichtige, sehr junge Mama, die ihrem höchstens anderthalbjährigen Baby fleißig Cola einflößt. Von nix kommt eben nix.
Nach dem Essen beziehen wir links vom Pier (wenn man davor steht) an der ersten Baywatch-Bude unsere „Sonnenuntergangsguckposition“ und warten, bis der orange Ball im Wasser versinkt. Dabei klickt die Kamera natürlich sehr häufig, das Pier im Sonnenuntergang ist schließlich eins der „Must Have“-Motive. Während ich so da sitze, habe ich zum Abschluss des Tages noch einmal einen Hollywood-Moment. Erst vor ein paar Wochen sahen wir „Wish I was here“, den neuen Film von Zach Braff („Garden State“). In einer Szene nehmen er und seine Frau sich eine kleine Auszeit von den Kindern, engagieren einen Babysitter und gehen aus. Nach dem Essen sitzen sie mit einem Bier auf dem Geländer einer solchen Baywatchbude mit Blick auf die leuchtenden Fahrgeschäfte des Pier – genau so, wie wir gerade. Und wie ich später im Hotel auf YouTube nachsehe, taten sie das ganz genau dort und an genau der Bude, die wir auch eben besetzt hielten.

Der Tag war lang, aber wir nutzen die Rückfahrt noch, um im Dunkeln über den legendären Sunset-Strip zu cruisen. Bei Tag vom Rastabus aus sah es ja jetzt nicht sehr spektakulär aus dort. Aber auch bei Nacht ist, bis auf ein paar hübsch beleuchtete Clubs, jetzt nicht gerade Samba-Stimmung angesagt. Naja, dass ist hier ja auch nicht der Times Square oder Las Vegas. Im Hotel gibt’s noch ein schönes eiskaltes Bier, die Fotos werden gesichert und dann fallen wir auch bald in die Heia.

 

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