Am besten Südwesten – Reisebericht USA 2016 / Tag 7

TAG 7 / BRYCE CANYON – TORREY
Freitag 21.10.16

Sonnenaufgang über den Hoodoos
Um sieben Uhr klingelt der Wecker, draußen ist es fast noch stockdunkel. Praktisch, so eine Zeitumstellung. Wir fallen direkt aus dem Bett ins Auto und fahren zum Sunrise Point. Dort erleben wir einen sehr, sehr hübschen Sonnenaufgang mit tollem Farbenspiel. Durch die unterschiedlich kleinen und großen Hoodoos (so nennt man übrigens diese lustigen Felsspitzen, die hier herumstehen) bricht sich das Licht immer neu. Nach gut einer Stunde des Staunens entscheiden wir spontan, jetzt auch noch die restlichen Viewpoints abzuklappern. Frühstück wird überschätzt und wir müssen schließlich schon um elf aus dem Hotel raus. Am Bryce-Point ist die Aussicht noch spektakulärer. Hier hätte man den Sonnenaufgang schauen müssen!

Sonnenaufgang im Bryce Canyon

Die große Verwirrung
Wir lernen: Im Herbst den Sonnenaufgang besser am Bryce-Point und den Sonnenuntergang besser am Sunrise-Point schauen. Wer hat sich diese Namen ausgedacht? Auf dem Weg zum Inspiration-Point begegnen wir einem Hirschen, der seelenruhig an der noch kaum befahrenen Straße äst. Am Point selbst gerate ich in einen kleinen Fotorausch, während Rebekka gerne am Canyonrand zurück zum Sunset-Point spazieren würde. Wir verabreden, uns dort am Parkplatz in 45 Minuten zu treffen. Ich bin pünktlich da, darf aber nicht drauf. Eine unerbittliche Rangerin verwehrt mir die Zufahrt. Irgendwelche Straßenarbeiten seien da im Gange. Nein, ich darf auch nicht mein Auto bei ihr stehen lassen und meine Freundin eben zu Fuß vom Parkplatz abholen, leider. Ich soll weiter fahren zum Sunrise-Point, sie werde den Straßenarbeitern über Funk mitteilen, dass sie meine Freundin dorthin weiter schicken sollen. Na, wenn das mal klappt.

Hundert Meter von der Rangerin entfernt sehe ich eine Einfahrt zu irgendeiner Lodge und parke dort einfach mal. Von hier aus sind es drei Minuten Fußweg zum Parkplatz, den ich ja auf keinen Fall befahren darf, unserem Abholpunkt. Danke Frau Rangerin, hätten sie mir ja gleich sagen können. Aber von Rebekka keine Spur. Auch auf dem Weg am Canyon entlang suche ich – nichts. Also wieder ins Auto und zum Sunrise-Point. Aber auch hier keine Freundin. Langsam drängt die Zeit, wir müssen um elf aus dem Hotel raus. Ich fahre also wieder zurück zum Sunset-Point und kurve die Straße auf und ab (der Parkplatz ist immer noch gesperrt). Plötzlich taucht sie, ebenfalls verwirrt, am Straßenrand auf. Die Nachricht von den Bauarbeitern habe sie tatsächlich erhalten, aber viel später und wollte sich gerade an der Straße entlang auf dem Weg zum Sunrise-Point machen, damit ich sie besser finden kann. Kluges Kind, blöde Rangerin!

Der nächste Ärger
Nachdem wir die ganze Chose ausführlich im Auto auf dem Weg zum Hotel bequatscht haben, blinkt es plötzlich hinter mir. Die Park-Bullerei! Mir keines Vergehens bewusst, halte ich am Straßenrand, lasse das Fenster herunter und harre der Dinge. Es erscheint ein kleiner, schmaler, vielleicht 25 Jahre alter weiblicher Officer am Beifahrerfenster und blafft mich an, was ich wohl falsch gemacht habe. Ich zucke ehrlich mit den Schultern. „Sie haben ein Stoppschild übersehen“, blökt sie mir entgegen wie der Drill-Instructor aus „Full Metal Jacket“. Das tue mir sehr leid, das müsse mir komplett entgangen sein, sage ich. Und außerdem, krakeelt sie weiter, wäre ich beinahe in ihren Streifenwagen „gerast“ und viel zu schnell sei ich auch gewesen. Das kann schlicht nicht sein. Da im Park 35 Meilen/Stunde herrschen und ich die Geschwindigkeit immer einhalte um eben Begegnungen wie diese zu vermeiden, kann ich nicht anders, als ihr Übertreibung und einen leichten Hang zum Pathos vorzuwerfen. Nur in meinem Kopf natürlich! Äußerlich nicke ich nur schuldbewusst, lasse mich noch ein bisschen verbal erniedrigen und mich zu diversen Entschuldigungen hinreißen. Das Ende vom Lied: Es setzt eine mündliche Verwarnung, jawoll! Na also, das hätten wir schneller haben können. So gesehen eine Win-win Situation. Sie bekommt sicherlich ein Fleißkärtchen von ihrem Ausbilder, der im Wagen sitzengeblieben war („Gut gemacht! Diese Touristen, die werden es nie lernen. Denen muss man zeigen, wo es lang geht!“) und ich hab ein Anekdötchen für den Reisebericht.

Morgens, über’m Canyon

Jetzt aber schnell!
Zurück am Hotel bleibt noch gerade so Zeit, die Sachen in den Koffer zu werfen und auszuchecken Als Frühstück gibt es einen halben Supermarkt-Muffin und eine handvoll Chips. Es geht auf die UT-12, erster Stopp: Kodachrome State Park. Wir fahren bis hinten durch und spazieren den Angel Palace Trail entlang. Der ist wirklich schön, aber dieser State Park ist kein unbedingtes Muss, wenn man zeitlich eng unterwegs ist. Die UT 12 selbst bietet da tatsächlich mehr. Sie ist definitiv eine der schönsten Straßen, die ich je entlang gefahren bin. Hinter fast jeder Kurve entlockt uns der Ausblick ein „Wow“ und bietet wieder einmal Weiten, die man sich kaum vorstellen kann. Am besten lasse ich hier Fotos sprechen. In Escalante halten wir am Visitor Center. Hier wollen wir uns eigentlich den Petrified Forest und den Devils Garden ansehen. Die (nette) Rangerin rät uns aber vom Forest ab, wenn man nicht mehr so viel Zeit habe wie wir. Stattdessen preist sie den Devil’s Garden in den höchsten Tönen. Die Straße dorthin ist schnell gefunden und geht über 13 Meilen ungeteerte Schotterpiste mit Schlaglöchern und großen Steinen. Darf man mit unserem Miet-Jeep eigentlich nicht befahren. Machen wir aber mal, allerdings nur drei Meilen. Für die brauchen wir bei vorsichtiger Fahrweise schon über zehn Minuten. Hin- und Rückweg mal kurz überschlagen kommen wir mit einer halben Stunde Besichtigung auf zwei Stunden Zeitaufwand. Nee, dann lieber umdrehen, denn in drei Stunden geht bereits die Sonne unter und bis Torrey ist es noch ein ganz schönes Stück.

Wild West Romantik

Diese WEITE!
Wir sind aber nicht enttäuscht, denn die UT 12 wird hinter Escalante NOCH besser. Vor allem ist hier der „Head of the Rock“-Overlook gleich hinter Escalante zu nennen. Da sitzen wir bestimmt eine halbe Stunde auf der Mauer, beobachten A- und B-Hörnchen und schwelgen in der Weite. Später kommt dann noch ein düsterer Märchenwald voller schon kahler Espen und langsam wird es auch empfindlich kühl. Immerhin haben wir uns zwischenzeitlich schon auf knapp 3000 Meter über dem Meeresspiegel hochgeschraubt. Dann geht es hinab in die Senke in Richtung Torrey, was wir zum Sonnenuntergang erreichen. Ein putziges kleines Städtchen mit 300 Seelen vollkommen im Nirgendwo. Mit dem „Broken Spur“ haben wir ein kleines Schmuckstück von einem Motel erwischt. Die Patio vor unserem Zimmer bietet einen filmreifen Wild-West-Ausblick und das dem Motel angeschlossene Grill-Restaurant tolle Steaks. Außerdem ist es wohl als eins der wenigen Restaurants des gesamten Ortes und daher gut mit Einheimischen gefüllt. Die sind teilweise filmreif. Beispiel? Hinter uns sitzt eine Großfamilie, deren offensichtlicher Boss ein 2-Meter-Hühne mit Holzfällerhemd, speckiger Basecap und locker 130 Kilo ist. Er redet so laut, dass er damit den gesamten Grill unterhält. Als die Familie nach dem Zahlen zu ihrem busgroßen Truck auf dem Parkplatz geht, bollert der Kerl plötzlich an das Fenster, an dem wir sitzen. Mir fällt fast die Gabel runter. Als ich gucke, grinst er breit und reckt beide Daumen nach oben. Äh ja … tschö dann.
Nach dem Abendmahl gibt es noch ein Bierchen und einen tollen Sternenhimmel. Der ist aber nicht komfortabel zu beobachten, denn so hoch oben wird es hier nachts richtig frostig.

HOTEL-CHECK
Wie bereits beschrieben, ist das Broken Spur Inn eine Empfehlung! Schönes, sauberes Motel mit allem, was nötig ist und einem angeschlossenen, „normalen“ und nicht zu teuren Grill. Selbst Frühstück ist inklusive und im teuren Torrey (die einsame Lage lässt man sich natürlich bezahlen) auch eines der Günstigeren.


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