Reisebericht USA Ostküste/Eastcoast / Tag 3

TAG 3 / WASHINGTON DC – PHILADELPHIA
Montag, 23.04.2012 

Wieder um sieben Uhr hellwach, so kenn ich mich ja gar nicht. Nach dem Frühstück und dem Auschecken vergesse ich in der Tiefgarage wieder kurz, dass es sich bei unserem Mazda um ein Automatik-Fahrzeug handelt. Grrr… Es wird nicht das letzte mal sein. Bevor wir nach Philadelphia aufbrechen, wollen wir noch zum Arlington Cemetary, der ganz in der Nähe des Hotels liegt. Der Himmel ist bedeckt und fisselt ab und zu ein wenig vor sich hin, aber kein Vergleich zur gestrigen Sintflut.

Am Friedhof angekommen, immerhin der zweitgrößte der USA mit rund 260.000 Bestattungen seit 1864, machen wir uns steil nach oben, um die sehr gepflegte Anlage zu entdecken. Hier liegen Soldaten aus so ziemlich allen Kriegen, an denen die USA in den letzten 150 Jahren so teilgenommen haben, kombiniert mit einigen Denkmälern. Sogar ein „Battle of the Bulge“-Memorial gibt es hier für die Gefallenen der gleichnamigen Schlacht im Winter 1944, die in der Eifel stattfand, wenige Kilometer von dem Ort, an dem ich aufgewachsen bin. Unsere erste Station soll aber, klar, das Grab von John F. Kennedy sein. Das ist schnell gefunden – einfach immer den Schulklassen hinterher. John F. wird an der recht unspektakulären Ruhestätte von seiner Frau Jacky Kennedy Onassis flankiert und es leuchtet eine ewige Flamme über den beiden, die Jacky einst bei der Beerdigung ihres Johns selbst entzündet hat. Ich finde es ja immer gruselig wenn genau man weiß, wo man später einmal landen wird.

Weiter geht es, immer an von ihren Lehrern herumgescheuchten pickligen Teenies vorbei, bis hoch zum Grab des unbekannten Soldaten. Dort warten wir auf den halbstündlichen Wachwechsel, der als große Attraktion gilt. Es ist tatsächlich ganz kurzweilig, wie ernst und gleichzeitig irgendwie komisch es dabei beinchenschwingend zur Sache geht. Aber diese Zeremonie hier toppt nicht das abendliche einholen der Flagge auf dem US-Kriegsgräberfriedhof über Omaha Beach in der Normandie/Frankreich. Dabei musste ich mir damals auf die Zunge beißen.

Next Stop: Philadelphia

Nach dem Spaziergang zurück zum Parkplatz satteln wir auf, um nach Philly zu düsen. Dabei schickt uns das Navi noch einmal durch D.C. und so können wir uns winkend vom Lincoln Memorial verabschieden. Die rund 150 Meilen bis zu unserem Hotel machen wir in zweieinhalb Stunden. Nur ganz selten darf man mal richtig aufs Gas treten und maximal rund 100 km/h fahren, ansonsten kriecht man nur so daher. Ich bin wirklich kein Raser zuhause, aber an die Geschwindigkeiten hier muss man sich echt erst mal gewöhnen. Eine schöne grüne Landschaft links und rechts sowie einige Maut-Stationen und immer wieder riesige Monster-Trucks lassen die Fahrt nicht langweilig werden. Wir passieren Maryland, Delaware und kurz nachdem wir die Grenze zu Pennsylvania erreicht haben, fahre ich an einem Dunkin Donuts ab, um Kaffee und Bagels zu tanken. Jetzt schon fällt uns auf, dass der alte Monopolist überall herrscht. Dunkin Donuts gibt es wirklich an jeder Ecke, geschätzt alle 500 Meter. Dagegen scheinen McDonald’s & Co. Im Vergleich wirklich dünn gesät zu sein.

Irgendwann kommt die Skyline von Philly in Sicht und gibt uns ein Gefühl von „Wow – jetzt sind wir wirklich in Amerika“. Unser Hotel „Alexander Inn“ liegt mitten im Zentrum, die Fahrt durch die Stadt ist aber ein Klacks, ich hab’s mir schlimmer vorgestellt. Vor dem Hotel darf man 20 Minuten parken und muss seine Karre dann in einem nahen Parkhaus abstellen. Die Zeit reicht, um sich das kleine aber feine Zimmerchen anzusehen und die Sachen abzuladen. Eine halbe Stunde nach dem Einchecken sind wir schon zu Fuß in das historisches Zentrum zu Independence Hall und Liberty Bell unterwegs und schnuppern dabei ein bisschen „echte“ USA-Großstadtluft. Beide geschichtlichen Heiligtümer haben für uns jetzt natürlich nicht so eine Bedeutung wie für einen Einheimischen, sind aber nett anzusehen.

Toller wird’s danach, als wir zur ältesten durchgehend bewohnten Straße der USA laufen. Die Elfreth’s Alley bietet Einwohnern der Stadt seit Mitte des 17. Jahrhunderts ein Zuhause und man bekommt eine gute Vorstellung davon, wie es damals hier ausgesehen haben muss. Sehr europäisch alles, was irgendwo ja auch logisch ist. Auf der Mitte der Kopfsteinpflaster-Gasse finden denn gerade auch Dreharbeiten für irgendeine Dokumentation statt und wir geistern jetzt im Hintergrund wahrscheinlich noch jahrelang durch Wiederholungen auf dem History Channel 😉 Von dort aus laufen wir an hübschen Kirchen vorbei zur Market Street. Doch bald winke ich nach einem Taxi, denn irgendwie haben wir ein bisschen gebummelt und ich will doch auf jeden Fall noch zum Museum of Arts. Gut, ja, nicht wegen der Exponate dort. Mehr so … weil … da ist doch die Rocky-Treppe 😉 Eben die berühmte Treppe, die Rocky Balboa in den ersten Teilen hinauf joggt und sich oben angekommen in Siegerpose des Lebens freut. Machen wir natürlich auch, inklusive peinlicher Fotos.

Aber wir sind nicht alleine! Etwa alle fünf Minuten hält unten an der Straße ein Taxi, ein Auto oder ein Bus, denen ein, zwei oder viele Menschen aller Nationen entströmen, um es uns gleich zu tun. Inklusive peinlicher Fotos. Und ganz davon abgesehen hat man von dort einen tollen Blick auf die Skyline. Auch die original Rocky Bronze-Statue aus dem Film wird noch besichtigt. Sie wurde der Stadt von Sylvester Stallone nach den Dreharbeiten gespendet, steht allerdings nicht oben auf der Treppe, sondern ein bisschen versteckt rechts neben dem Treppenaufgang.

Leider fängt es nun doch wieder an zu pladdern. Wir winken erneut einem Taxi, dass uns zur South Street bringen soll. So viel Luxus muss sein, schließlich wollen wir noch im Hellen dort ankommen. Von der 11. Straße aus laufen wir die South komplett hinunter. Eigentlich wollten wir den Magical Garden besichtigen, einen verrückter Hinterhof, der von einem Künstler mit viel Glas, Metal und Müll in ein einziges großes Kunstwerk verwandelt wurde. Leider schließt er gerade. Vom selben Künstler sehen wir aber auch noch viele Wandmosaike in der Nähe. Dazu einige schöne andere Grafittis und Malereien. Überhaupt ist die South eine tolle Straße – viel Grün, viele Kneipen, Standard-Geschäfte neben Independent-Läden und Bio-Händlern. Alles wirkt bunt, alternativ, hip, schwul, abgeranzt und gleichzeitig aufgeräumt. Kann man schwer beschreiben, aber es ist kein Wunder, dass wir uns als Kölner hier wohl fühlen 😉

Philadelphia South Street

Als der Magen sich meldet, kehren wir bei „Jim’s Steaks“ ein, angeblich dem besten „Philly Cheese Steak“-Laden der Stadt. Diese lokale Spezialität muss man ja mal probiert haben, wenn man schon mal da ist. Im Endeffekt handelt es sich dabei um ein längliches Hamburgerbrötchen mit Käsepaste beschmiert, gebratenen Zwiebeln und zerhäckselten Rindfleisch-Stückchen drauf, dass man in Imbißbuden-Atmosphäre reinschlingt. Ich liebe ja Steaks und auch Hamburger – und genau deswegen bleibe ich auch bei Steaks oder Hamburgern. Nee, dat war nix. Und viel zu wenig war’s auch noch als einzige Mahlzeit des Tages. Außerdem ist der Laden sehr dreckig, aber interessant. Die Wände sind gepflastert mit Autogrammen hunderter Stars, Sternchen und Politikern, die hier seit 1936 schon gegessen haben, u.a. Bruce Willis, Denzel Washington und Bon Jovi. In der Nähe kehren wir noch zu einem weiteren Snack bei „Johnny Rocket“ ein. Das ist mal so ein richtiger American Diner mit roten Lederbänken, wie man ihn aus Filmen kennt. Und als wär das nicht schon Klischee genug, kommen auch noch drei dicke Cops rein, setzen sich an die Bar und lassen sich ihr Fast-Food Abendessen bringen, dass sie in Unmengen Heinz Ketchup ertränken.

Wieder draußen ist es nach 21 Uhr und die Füße tun weh. Also zurück zum Hotel, ist ja auch noch ein Stück. Dort gegenüber kehren wir noch spontan in eine Bar ein, in der wir uns noch ein Bierchen gönnen. Ich trinke das beste Bier des ganzen Urlaubs dort (und eins der besten, die ich je hatte) – „Wynona’s Big Brown Ale“ aus der „Voodoo Brewery“ ganz in der Nähe. Wer die Band „Primus“ kennt, muss jetzt sicher auch so grinsen, wie ich es tat, als ich in die Karte schaute. Und es heißt nicht nur lustig, sondern schmeckt auch so. Dazu gab es Rosmarin Chips mit Trüffel-Aioli. Läääkker!! Auf der anderen Straßenseite im Hotel angekommen schaffe ich es noch gerade so unter die Dusche, bevor ich ins Bett falle. Dabei fällt auch mein Auge – auf das Fenster.

WOW, dieser Ausblick ist mir noch gar nicht aufgefallen! Mit Blick auf die Skyline sprechen wir darüber, das Philadelphia – was eigentlich nur als wahrscheinlich unspektakulärer Zwischenstopp auf dem Weg nach New York geplant war – auch wirklich etwas für mehrere Tage wäre. Von dem, was wir bis jetzt so gesehen haben, wirkt es wie die perfekte Mischung aus Weltstadt und Köln-Ehrenfeld mit ein paar historischen Straßenzügen mittendrin, die teilweise wie eine Mischung aus Westernstadt und dem Europa des 17. Jahrhundert anmuten …
Guuudse Nachd, Filadelfff…

HOTEL-CHECK 
Das Alexander Inn ist ein schönes altes Backsteinhaus mit Feuertreppe, das schon seit über 100 Jahren als Hotel genutzt wird. Alles wirkt klein aber fein, familiär eben. Unser Zimmer war ziemlich klein, das Bad nicht mehr das modernste, aber Sauberkeit und Preis waren echt OK. Das Frühstück war inbegriffen und keine Offenbarung, aber nicht schlecht.

 

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